Wegen dir bin ich hier
Rezension: „Wegen dir bin ich hier“
von Markus Wipperfürth – das Buch zur Ahrtal-Katastrophe
Markus Wipperfürth hat ein multimediales Tagebuch ( Wegen dir bin ich hier ) über die Ersthelfer nach der Flutkatastrophe im Ahrtal veröffentlicht, das in zweierlei Hinsicht bemerkenswert ist: Es liefert einen exklusiven Einblick in die Geschehnisse der ersten Stunden und die Erlebnisse der Ersthelfer, zu denen Wipperfürth gehörte, und es repräsentiert eine neue mediale Form des Tagebuchs. Wipperfürth ist in dieser Hinsicht Profi: Neben seinem Hauptberuf als Landwirt ist er auch Content-Creator.
Über das Buch Wegen dir bin ich hier
Wipperfürth hat über 150 Q-AHR-Codes ins Buch aufgenommen, die den den Leser mit seinen Videos verlinken. Er genießt an sich schon durch seine Tätigkeit als Content-Creator eine enorme Reichweite im Social-Media-Bereich. Während seiner Tätigkeit als Ersthelfer nutzte er diese, um zu koordinieren und als Kommunikationsknotenpunkt zu dienen. Seine Accounts fungierten als Schwarzes Brett des Ahrtals. Er konnte dringend benötigte Helfer ebenso wie Hilfsgüter und Maschinen organisieren, die ins Katastrophengebiet gebracht wurden. Wipperfürth war in dieser Phase ein Pionier, denn er konvertierte Social Media zu Social Machen. Damit legte er einen essenziellen Grundstein für die einzigartige, inzwischen legendäre Welle der „SolidAHRität“. Das packende zeitgeschichtliche Dokument, das er nun mit seinem Buch vorliegt, läutet durch die ineinander übergehende Verknüpfung verschiedener Medien eine neue, revolutionäre Stufe der Berichterstattung ein.
Stimmen zum Buch – Wegen dir bin ich hier
Der Hundeprofi Martin Rütter, selbst Buchautor und Moderator, äußert sich sehr dankbar über das Buch von Wipperfürth. Dieses sei ein Stück Zeitgeschichte, so Rütter, an der Wipperfürth selbst beteiligt war und die daher absolut authentisch vermittelt werde. Der sternTV-Moderator Dieter Könnes schließt sich dieser Auffassung an. Auch für ihn ist das Buch „Wegen dir bin ich hier“ absolut authentisch und darüber hinaus höchst emotional. Die QR-Codes von Wipperfürth bezeichnet Könnes als einzigartiges Zeitdokument.
Das Buch – Wegen dir bin ich hier – in der Ahr-Vinothek
Die Ahr-Vinothek in Ahrweiler verkauft das Buch, das natürlich auch im Handel erhältlich ist. Sie ist inzwischen ein Flutmuseum und wurde nach der Flut neu eröffnet. Die Ahr-Vinothek wurde durch die Flut zerstört. Ihre Ruine öffnen die Betreiber immer samstags und sonntags ab 12.00 Uhr. Es gibt dort Flut-Wein und eine Flut-Foto-Ausstellung. Auch am Ahrweiler Marktplatz verkauft die Vinothek ihren Wein, dort betreibt die Vinothek ein Ladenlokal. Angeboten werden Weine von mehr als 20 Weingütern der Ahr und eben auch das Buch „Wegen dir bin ich hier “ von Markus Wipperfürth.
Über Markus Wipperfürth
Markus Wipperfürth (*1974) ist Diplom-Agraringenieur, verheirateter Familienvater, von Beruf Landwirt und als solcher Lohnunternehmer. Auch betreibt er eine Pferdepension. Gleichzeitig ist er schon seit mehreren Jahren Content-Creator. Bei seinem Buch half ihm die Journalistin Sandra Fischer. Es liefert Einblicke in seine persönlichen Erlebnisse der ersten Tage bis Monate nach der Katastrophe. Er persönlich koordinierte wochenlang die Hilfsarbeiten in und um Altenahr und Walporzheim. Zwar erledigte er sehr viel mit dem Smartphone, doch auch seine 450.000 Follower auf Facebook trugen seine Aufrufe und konkreten Anfragen und Vorschläge weiter. Dies führte beispielsweise dazu, dass etliche Landwirte aus dem Großraum Köln mit dem dringend benötigten schweren Gerät im Ahrtal anrückten.
Über die Flutkatastrophe im Landkreis Ahrweiler vom 14. – 17. Juli 2021
Die Flutkatastrophe im Ahrtal war Teil einer größeren Hochwasserlage in ganz West- und Mitteleuropa, die im Sommer 2021 hauptsächlich durch ein Tiefdruckgebiet namens Bernd ausgelöst wurde. Überschwemmungen mit unterschiedlich schwerem Ausmaß gab es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und weiteren angrenzenden Ländern. Der Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz war durch das Hochwasser seines Flusses Ahr ganz besonders betroffen. Es zerstörte 62 Brücken und beschädigte weitere 13 schwer, auf der Ahrtalbahn fielen sieben Eisenbahnbrücken und 20 km den Fluten zum Opfer. Unter den zerstörten öffentlichen Gebäuden waren 14 Schulen und 19 Kindertagesstätten. Die Gemeinde Schuld beklagte den Totaleinsturz von sechs Häusern und schwere Beschädigungen an zahlreichen weiteren Gebäuden.
Hubschrauber im Einsatz
Hubschrauber retteten im Ahrtal mindestens 330 Personen von Bäumen und Dächern. 12 Einwohner des Lebenshilfe-Hauses (Behinderteneinrichtung) der Stadt Sinzig konnten nicht gerettet werden. Auf dem Maximum der Flut erreichte die Ahr am Pegel Reimerzhoven einen Spitzenabfluss von geschätzten 1.000 m³/s, womit es sich um das wahrscheinlich stärkste Hochwasser der Ahr mindestens seit 1804 handelte. Die meteorologische Ursache für den Starkregen war eine sogenannte Trogwetterlage, die ein ortsfestes Tiefdruckgebiet erzeugte. Wie in einem Trog fiel dort eine riesige Niederschlagsmenge in kurzer Zeit herab, während keine nennenswerte Höhenströmung die Wolken fortbewegte. Die Hochwasser entwickelten sich in einzelnen Regionen dabei sehr unterschiedlich je nach den geologischen Gegebenheiten und den konkreten Regenmengen.
Das Ahrtal war wahrscheinlich am schwersten betroffen.
Die letzte Naturkatastrophe in Deutschland mit einer hohen Opferzahl war die Sturmflut 1962.
Sachschäden durch die Flut
Wie wichtig die uneigennützige Hilfe von Menschen wie Markus Wipperfürth war, lässt sich auch am Ausmaß der Sachschäden ablesen, die durch staatlich organisierte und/oder von Versicherungen bezahlte Leistungen niemals so schnell hätten behoben werden können. Natürlich sind die Schäden auch 15 Monate später (Stand: Oktober 2022) noch längst nicht behoben, doch es ging damals um unmittelbare, sofortige Hilfe ohne jede Bürokratie und vonseiten der Helfer wie Wipperfürth auch ohne jede finanzielle Gegenleistung. Im Gegenteil: Wipperfürth und andere Ersthelfer setzten eigene Ressourcen in hohem Umfang ein (schwere Landmaschinen, Treibstoff, Lebensmittel etc.) und konnten während ihres Einsatzes in ihren Berufen kein Geld verdienen. Die Schäden waren gigantisch, die Münchener Rück bezifferte sie auf insgesamt 46 Milliarden Euro und allein in Deutschland auf 33 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 war global gesehen nur der Hurrikan Ida in den USA noch teurer. Das Hochwasser legte sogar Munition aus dem Zweiten Weltkrieg frei.
Ahrtal als Zentrum der Hilfsbereitschaft
Das Ahrtal war nicht nur ein Zentrum der Katastrophe, sondern auch der Hilfsbereitschaft – davon handelt „Wegen dir bin ich hier“. Nach den Bildern im Fernsehen reisten hierhin die meisten freiwilligen Helfer, hier wurden sie auch am meisten gebraucht. Um das Straßennetz nicht durch die Helfer zu überlasten, organisierten Ahrtaler Unternehmer einen Helfer-Shuttle, der im Pendelverkehr mit Bussen mehrere Tausend Freiwillige geordnet vom Innovationspark Rheinland-Grafschaft zu den betroffenen Orten brachte.
Gerade die privaten Initiativen bewährten sich bei der Katastrophenhilfe am besten. Auch darüber berichtet Wipperfürth in seinem Buch. Das größte Hemmnis bei der Katastrophenhilfe sei Bürokratie, schreibt er. Private, freiwillige Ersthelfer hingegen würden auf Zuruf und nach dem Bedarf der Betroffenen agieren. Genehmigungen müssten sie nicht einholen. Die Hilfe gelange sofort dorthin, wo sie momentan am nötigsten gebraucht werde. Dies ist ein Beifall vonseiten einer der Hauptakteure (Wipperfürth) an die engagierte Zivilgesellschaft und die vielleicht wichtigste Botschaft des Buches: Wir können uns selbst helfen, wenn wir solidarisch sind. Kompetent genug sind wir allemal.
Politische Folgen der Flut im Landkreis Ahrweiler
Die Katastrophe im Ahrtal erzählt leider auch die Geschichte von Versäumnissen und Versagen. Dem Landrat Jürgen Pföhler (CDU) warf man vor, den Alarm viel zu spät ausgerufen und die nötige Teilevakuierung angeordnet zu haben. Pföhler wies zwar seine Verantwortung für Versäumnisse zurück und schob den schwarzen Peter der technischen Einsatzleitung zu, doch im August 2021 leitete die Staatsanwaltschaft Koblenz gegen ihn ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts auf fahrlässige Tötung und Körperverletzung infolge unterlassener Warnungen und verspäteter Evakuierungen ein. Kurz darauf räumten führende Politiker des Landkreises Versäumnisse ein. Pföhler nahm im Oktober 2021 seinen Hut und ging in den Ruhestand wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit. Er war selbst ein Flutopfer, sein eigenes Haus stand unter Wasser. Das Verfahren gegen ihn ist noch nicht abgeschlossen.
Vor einem Untersuchungsausschuss zur Flut im Sommer 2022 wollte er nicht aussagen. Inzwischen wurde bekannt, dass er in der Flutnacht sehr oft mit seiner Geliebten telefoniert hatte, was wohl seine Versäumnisse erklärt. So verschieden verhalten sich Menschen in Katastrophenzeiten: Sie helfen uneigennützig, oder sie pflegen stattdessen ihre Affären und vernachlässigen ihre Verantwortung so sehr, dass es Menschenleben kostet. Pföhler war übrigens nicht die einzige Person, für die es ein juristisches Nachspiel gab. Im Rhein-Erft-Kreis ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen eine Tagebaugesellschaft, die den Hochwasserschutz vernachlässigt hatte.
Ungerechtfertigte Vorwürfe gegen Wipperfürth
Leider musste sich der Autor und Helfer Markus Wipperfürth im Nachhinein sogar ungerechtfertigte Kritik gefallen lassen. Ihm und weiteren helfenden Unternehmern wurde vorgeworfen, sie hätten bei ihrem nur vorgeblich selbstlosen Einsatz auch geschäftliche Interessen verfolgt, zumindest im Nachhinein, nachdem sie durch ihr Engagement Prominenz erlangt hatten. Diese Kritik wies Wipperfürth gegenüber dem Fachmagazin top agrar, das ihn als Landwirt befragte, strikt zurück: Zwar habe er tatsächlich mit einem Onlineshop und seinem Facebook-Account nach der Flut erhöhte Einnahmen durch seinen viel höheren Bekanntheitsgrad erzielt, doch diese habe er komplett an die Flutopfer gespendet. Es handelte sich um 200.000 € auf Facebook und 175.000 € mit dem Onlineshop. Wipperfürth hatte darauf die fälligen Steuern bezahlt und den Nettoerlös dann ins Ahrtal zu den Betroffenen transferiert. Die Belege dafür zeigte er der Presse (konkret: dem Nachrichtenportal t-online.de, das zuerst die betreffenden Vorwürfe aufgegriffen hatte).
Katastrophenbewältigung
Mit seinem Traktor von Fendt hatte er im Ahrtal 600 unentgeltliche Stunden geleistet, allerdings auch 500 gegen Bezahlung, nachdem er sich vollkommen korrekt an öffentlichen Ausschreibungen beteiligt hatte. Die Vergabe von Aufträgen an ihn sei dann nach den üblichen Verfahren abgelaufen. Natürlich bezahlte das Land Rheinland-Pfalz schließlich einzelne Unternehmer für ihre Hilfe bei der Katastrophenbewältigung. Wie sollte das sonst geschafft werden? Auch die Handwerker werden schließlich bezahlt, die seit inzwischen über einem Jahr die überfluteten Häuser sanieren. Möglicherweise ist dieser Wermutstropfen sogar ein Grund mehr, das Buch „Wegen dir bin ich hier“ von Wipperfürth zu lesen: Jedermann möge sich selbst ein Bild von diesem Mann machen. Er kann berichten und mit Videos belegen, dass die Menschen im Ahrtal ihm und anderen Helfern unglaublich dankbar waren.
Ihre größte Angst war, dass die Helfer zu schnell wieder verschwinden könnten. Ein weiterer Punkt: Wipperfürth wurde teilweise auch von Querdenkern und anderen Extremisten vereinnahmt, die im Ahrtal ebenfalls als „Helfer“ (aber ohne nennenswerten Effekt) auftraten und Wipperfürth auf seinem Facebook-Account mit Kommentaren unter die ihren einreihen wollten. Dazu der Autor selbst: Solche Kommentare lösche er sofort. Er wolle nichts mit Extremisten zu tun haben. Im Übrigen betrachte er sie als marginale Randgruppe. Andere Aktivitäten auf seinen Social-Media-Accounts seien wesentlich bedeutsamer. So habe er seine Community dazu bewegen können, bis zum Sommer 2022 Baumaterialien für den Wiederaufbau im Wert von mehr als fünf Millionen Euro zu spenden.
Wie geht es im Ahrtal weiter?
Wipperfürth setzt sein dortiges Engagement fort. Er kooperiert jetzt mit den Behörden und Betroffenen vor Ort sowie nach wie vor mit anderen Helfern. Sein Plan: Das Ahrtal soll wieder begrünt werden. Hierfür hat er schon eine Grassämaschine organisiert, Blumen und 75 große Bäume sollen hinzukommen. Letztere lässt Wipperfürth vom Niederrhein ins Ahrtal bringen. Hierfür will er noch einmal an die Solidarität der Landwirte appellieren: Er benötigt für den Transport Traktoren mit Strohanhängern. Wenn sich genügend Fahrzeuge gefunden haben, wird die Lieferung im Konvoi an die Ahr gebracht.
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